Ein Mythos: Stadion Santiago Bernabéu
Es ist eine Legende: das Estadio Santiago Bernabéu, Heimat des spanischen Fußball-Rekordmeisters Real Madrid. In den vergangenen zehn Jahren wurde das Stadion nach einem ganzheitlichen Konzept umgestaltet und erweitert. Aus der heterogenen Architektur des Bernabéu wurde eine innovative und vielfältig nutzbare Multifunktionsarena. Eine mobile Rasenfläche, die einer festen Bodenplatte weichen kann, ermöglicht nun auch Veranstaltungen jenseits des Sports. Ein bewegliches Stadiondach lässt eine flexible Anpassung an jede Witterung zu. Der Baubestand wurde dabei weitestgehend erhalten und mit einer neuen rundumlaufenden Fassade aus Edelstahl-Lamellen umfasst.
Die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) hatten 2014 zusammen mit L35 Arquitectos und Ribas & Ribas Arquitectos den ersten Preis für den Umbau des Estadio Santiago Bernabéu in Madrid gewonnen. Das Stadion wurde 1947 eröffnet und über die Jahre durch verschiedene An- und Umbauten ergänzt. Der Entwurf etabliert nun erstmalig ein stimmiges Gesamtkonzept: Das Stadionvolumen ist von einer durchgehenden Fassade umhüllt, die vielfältige Nutzungen integriert. Dazu gehören das Museum von Real Madrid und Flächen für Gastronomie und Einzelhandel. Außerhalb der Spielzeiten bietet ein „Skywalk“ die Möglichkeit, das Stadion zu erkunden und macht das Bernabéu damit auch jenseits der eigentlichen Nutzung zu einer Attraktion in Madrid.
Im Jahr 2014 wurde der Auftrag zum Umbau
des Bernabéu Stadions an
gmp vergeben - Volkwin
Marg und Florentino Pérez
präsentieren bei
einer Pressekonferenz
den Entwurf
Unser Entwurf verleiht den Ideen von „Bewegung“ und „Dynamik“ eine Form. Die Kubatur des Stadions mag auf den ersten Blick autonom gesetzt erscheinen – tatsächlich aber bewegt sie sich tanzend innerhalb eng gesteckter Vorgaben. Sie hüllt die gewachsene Form des mehrfach umgebauten und erweiterten Stadions schwungvoll ein, ermöglicht neue Nutzungskonzepte und berücksichtigt städtebauliche Setzungen wie baukonstruktive Erfordernisse.
Der Umbau wurde bei laufendem Spielbetrieb durchgeführt. Nach dem Wettbewerbsgewinn und einer längeren Planungs- und Genehmigungsphase beauftragte der Bauherr Real Madrid die spanische Baufirma FCC als Generalunternehmer; im Juni 2019 begannen die Bauarbeiten. Da während der Coronapandemie die Heimspiele von Real Madrid im Trainingszentrum ohne Zuschauer:innen stattfinden mussten, konnte auf der Baustelle rund zwei Jahre lang ohne Unterbrechungen durch Spiele gearbeitet werden. Nach der Fertigstellung des Dachtragwerks im Mai 2023 fanden die Heimspiele des Vereins wieder in der Stadionbaustelle statt.
Skulpturale Hülle verleiht öffentlichem Raum besondere Qualität
Die Geometrie der Außenhülle folgt dem Prinzip von Formfindung und Formsetzung, in dem sie sowohl funktionale Überlegungen als auch dem Wunsch, dem Stadion eine neue skulpturale Gestalt zu geben beachtet. Geschwungene Edelstahllamellen verleihen dem Bernabéu einen gänzlich neuen Charakter und heben es als Wahrzeichen Madrids hervor. Die offene Anordnung der Metall Elemente erlaubt eine natürliche Belüftung des Stadioninnenraums. Von weitem verschmilzt die Metallstruktur zu einem funkelnden Juwel in der Stadt, der je nach Blickwinkel das Tageslicht auf unterschiedliche Weise reflektiert. Nachts soll die Fassade durch LEDs in unterschiedlichen Szenarien illuminiert werden. Die Fassadenlamellen werden darüber hinaus künftig mittels Video-Mapping bespielt: An zwei Seiten des Stadions wird es so möglich sein, Fußballspiele und andere Veranstaltungen auch außerhalb der Arena zu verfolgen. Im Inneren des Stadions wird es einen 360-Grad-Monitor geben.
Das Bernabéu Stadion erhielt eine neue, geschwungene Hülle. Zwei Aufgänge wurden versetzt und ein bewegliches Dach installiert. Durch einen fahrbaren Rasenboden kann eine darunter liegende Betonplatte freigegeben werden. So werden neben dem Fußball auch andere Veranstaltungen einfach umsetzbar sein.
Herzstück des neuen Erschließungsraumes zwischen Stadionrängen und Außenhülle bildet das Vereinsmuseum von Real Madrid – übrigens nach dem Museo del Prado das zweit häufigsten besuchte Museum Spaniens. Auf zwei Geschossen am Paseo de la Castellana gelangen die Besucher:innen über die dortigen Haupteingänge in diesen Teil des Gebäudes, der sich als eine Art „Black Box“ zwischen neuer Fassade und dem Tribünenbereich begreifen lässt. Das Museum bildet einen elementaren Teil der Stadiontour, die Besuchende an spielfreien Tagen über die beiden neuen Erschließungstürme durch das Museum und den Vereinsshop, an das Spielfeld, über die Dachterrasse und den 360-Grad-Skywalk führt. Für Fußballspiele und andere Großveranstaltungen bieten weitere Erschließungswege den bis zu etwa 83.000 Zuschauenden Eintritt in die Arena.
Santiago Bernabéu: Vom Fußballstadion zur Multifunktionsarena
Durch den Umbau erlebt das Estadio Santiago Bernabéu eine Transformation vom reinen Fußballstadion hin zu einer Multifunktionsarena. Die Kapazität des Stadions von bislang ca. 80.000 Plätzen wird um rund 3000 Plätze erweitert. Über den Oberrängen bietet eine neue Ebene mit insgesamt 240 VIP- und Hospitality-Lounges bis zu 1600 weitere Sitzplätze. Die Logen auf der Westseite können flexibel zu Konferenzräumen mit Blick auf das Spielfeld transformiert werden. Wo am einen Tag noch Fußballspiele stattfinden, könnten es am nächsten schon Konzerte oder andere Großveranstaltungen sein. Möglich machen das fahrbare Panels, auf denen der Fußballrasen in Einzelteile zerlegt und versenkt werden kann. Übrig bleibt eine feste Bodenplatte. Erstmals zum Einsatz kam diese Funktion am 29. und 30. Mai: Weltstar Taylor Swift trat im Stadion auf - und weihte das neue Stadion quasi ein.
Bauherrschaft Real Madrid CF
Architektur gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner gemeinsam mit L35 Arquitectos, RIBAS&RIBAS Arquitectos
Entwurfsteam gmp Volkwin Marg und Hubert Nienhoff mit Markus Pfisterer
Projektleitung gmp Martin Glass, Nikolai Reich, Sander Trost
L35 Entwurfsteam Alejandro Barca, Ernesto Klingenberg, Alejandro Lorca, Tristán López-Chicheri
RIBAS&RIBAS Entwurfsteam José Ribas, Inma Ribas und Adriana Ribas
Mitarbeit Entwurf Martin Hakiel, Holger Betz, Benjamin Moore, Ruthie Gould, Katya Vangelova, Peter Axelsen, Christian Möchl, Ignacio Zarrabeitia, Monika Kwiatkowski
Mitarbeit Entwurfsplanung Florian Alles, Anastasia Appalonova, Sara Taberner Bonastre, Miguel Carro, Robert Essen, Alessio Fossati, Carlos Gomez, Sarah Lash, Roland Lipusz, Tomasso Mitti, Sonam Mohanani, Victor Pageo, Anastasia Popova, Paulino Poveda, Islam Sabee, Sebastian Seyfarth, Ana Tendeiro, Benedikt Wannenmacher, Marius Wiese, Ignacio Zarrabeitia