Neues Leben in historischer Halle
Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrum Alsdorf
In der denkmalgeschützten Kraftzentrale der ehemaligen Zeche Anna, der größten freitragenden Industriehalle Nordrhein-Westfalens, realisierten die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) eine nachhaltige Lösung im Haus-in-Haus-Prinzip: Drei klimatisch und haustechnisch autarke Kuben nehmen die gemeinschaftlichen Funktionen Mensa, Aula und Jugendkunstschule auf. Die umgebende Halle fungiert als Klimapuffer, der weder geheizt noch gekühlt werden muss.
Die Zeche Anna in Alsdorf war über viele Jahre das größte Steinkohlebergwerk im Aachener Revier, der Grubenbetrieb wurde 1992 stillgelegt. Zwei Jahre später verabschiedete die Stadt Alsdorf einen städtebaulichen Rahmenplan zur Umnutzung des innenstadtnahen über 40 Hektar großen Bergwerkgeländes zum Stadtquartier. Namensgebend für das neue Viertel ist der Annapark: Um dieses als erhöhte Freifläche gestaltete grüne Zentrum herum entstehen sukzessive Wohn-, Gewerbe- und Kulturbauten Weithin sichtbar erinnern der einstige Förderturm des Hauptschachts und die historische Kraftzentrale der Zeche Anna an die Bergbauhistorie.
Das neue Kultur- und Bildungszentrum (KuBiZ) Alsdorf grenzt im Nordwesten an den Annapark und bezieht die denkmalgeschützte Kraftzentrale mit ein. In der ersten Bauphase entstand ein Schulneubau, der das Gymnasium und die Realschule unter einem Dach vereint. Für die gemeinschaftlichen Funktionen Mensa, Aula und die Räume der Jugendkunstschule wurde die Kraftzentrale in einem zweiten Bauabschnitt umgebaut und saniert. Der 1902 errichtete Industriebau misst in der Länge 145 Meter bei einer Firsthöhe von über 20 Meter. Überspannt wird der stützenfreie Innenraum von 33 Dreiecksbindern aus Stahl, die das Satteldach tragen. Eine Besonderheit stellt die große östliche Halle, die ehemalige Gasturbinenhalle, dar. Nach dem Haus-in-Haus-Prinzip wurden in das großräumige Volumen der Halle zwei haustechnisch und klimatisch autarke Kuben für die Mensa und die Aula eingestellt. Die Mensa verfügt über 75 Sitzplätze im Inneren und lässt sich auf 100 Plätze in den Vorraum erweitern, die Aula ist für 300 Zuschauer ausgelegt. Zwischen den eingeschossigen Kuben spannt sich ein Podest als gemeinsamer Außenbereich im Innenraum der Halle auf, der von der Mensa als Erweiterung und von der Aula als Foyer genutzt werden kann. Die Zugänge sind einander gegenüber angeordnet, für Veranstaltungen können die Mensa und die Aula über die Podestfläche zusammengeschaltet werden. Im westlichen Gebäudeteil des Langhauses ergänzt ein dritter, zweigeschossig ausgebildeter, Kubus die bestehenden Räume der Jugendkunstschule im ehemaligen Bürotrakt.
Durch die Haus-in-Haus-Lösung wird der Luftraum zwischen den eingestellten Baukörpern und der Halle zum Klimapuffer, der weder geheizt noch gekühlt werden muss. Das Konstruktionsprinzip ermöglichte zudem die denkmalgeschützten Ziegelmauerwerksfassaden unangetastet zu lassen. Im Rahmen einer Grundsanierung wurde das äußere Erscheinungsbild der historischen Kraftzentrale nur geringfügig verändert: Zugemauerte Fensteröffnungen wurden wiederhergestellt und die vorhandenen Fenster saniert. In Kontrast zum historischen Ziegelmauerwerk sind die Kuben im Inneren mit hochglänzenden Aluminium-Verbundplatten im Farbton White Gold verkleidet. Die hinterlüftete Konstruktion aus vorgehängten Fassadenplatten ist mit sichtbaren Blindnieten befestigt, die Fugen sind hinterlegt ausgeführt.
Das Ensemble aus Alt- und Neubau des Johannes Rau Kultur- und Bildungszentrums bildet eine neue kulturelle Mitte zwischen der Alsdorfer Innenstadt, dem Annapark und dem benachbartem Wohnquartier.