Bauen im Bestand in Shanghai
Alte Edelstahlfabrik wird zur Kunsthochschule
Mit ihrem Umnutzungskonzept für eine stillgelegte Edelstahlfabrik im Shanghaier Bezirk Baoshan konnten sich die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) im internationalen Wettbewerb durchsetzen. Die Fabrik mit ihrer Länge von 860 Metern wird in ihrer markanten Grundstruktur, mit den charakteristischen Ventilationstürmen auf dem Dach, erhalten und zum neuen Sitz der Shanghai Academy of Fine Arts ausgebaut.
Die Baowu-Edelstahlfabrik (Baowu Steel Group Wusong Industrial Area Stainless Steel Factory) nahm 1986 den Betrieb auf und spielte in der Stahlproduktion Chinas dreißig Jahre lang eine tragende Rolle. Seit 2016 leer stehend, soll der monumentale Bau nun umgenutzt und als neuer Hauptstandort der Shanghai Academy of Fine Arts zu einem Fixpunkt innerhalb des Kunstquartiers werden, das gegenwärtig aus dem ehemaligen Industriestandort entwickelt wird. Die zur Universität Shanghai gehörende Kunsthochschule ist eine der zentralen Adressen des Landes für das Kunststudium und den internationalen künstlerischen Austausch.
Die Revitalisierung von Bestandsbauten gewinnt auch in China zunehmend an Bedeutung. Mit dem Umbau der Edelstahlfabrik plant gmp eines der wichtigsten aktuellen Re-Use-Projekte im urbanen Kontext. Der Industriebau bleibt in seiner Grundstruktur intakt. Im Kern des Gebäudes wird über Rahmen aus Corten-Stahl ein Korridor geschaffen, der von Ost nach West in einer zentralen Achse die gesamten 860 Meter erschließt. Die neu eingestellten Elemente treten in den Dialog mit der vorhandenen Industriearchitektur, dem dunklen Beton und dem dunklen Stahlfachwerk. Der Korridor wird als Begegnungsraum für Studierende, Lehrkräfte und Besuchende des Campus und als Ausstellungsfläche dienen. In Nord-Süd-Richtung wird der Riegel an fünf Punkten erschlossen, dreimal für Fußgänger:innen und zweimal für den kreuzenden Autoverkehr. Der Korridor überspannt diese Punkte als Gebäudebrücke.
Die imposanten Dachaufbauten sind als raumprägende Oberlichter in die Planung integriert und rhythmisieren den Korridor über die gesamte Länge. Die Fassaden werden geöffnet, großflächig verglast und erhalten ein Metallgewebe als zweite Haut. Neben der Aktivierung der vorhandenen natürlichen Dachentlüftung entsteht durch eine neue Doppelfassade und eine über Bodenkanäle natürlich gekühlte Zuluftführung eine deutliche Energieersparnis bei der Klimatisierung des Gebäudes. Die neue Kunsthochschule wird auf rund 220.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche neben den wichtigsten fakultativen Einrichtungen auch Ateliers, ein öffentlich zugängliches Forum mit Gastronomie und Retail-Flächen, eine Bibliothek, Sporteinrichtungen, ein Museum und weitere Ausstellungsflächen umfassen. In Zukunft sollen 4000 Studierende und 600 Lehrkräfte hier lernen und lehren – darunter viele Studierende aus dem Ausland.