Im Rhythmus der Bögen
gmp stellt Ostbahnhof Nanchang fertig
In der chinesischen Stadt Nanchang, gelegen am mittleren Jangtse und am Südufer des Poyang-Sees, ist ein neuer Bahnhof entstanden – der Ostbahnhof Nanchang. Entworfen wurde er von den Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp), zusammen mit China Railway Siyuan Survey and Design Group (T4) und Shanghai United Design Group (UDG). Der Bahnhof ist Kern eines neuen, nach den Maßgaben des TOD (Transport Oriented Development) entwickelten Areals im Osten von Nanchang, in dessen Umgebung unter anderem Büroflächen für Start-up-Unternehmen, Geschäfte, Räume für Kultur und die Kreativindustrie sowie Wohnungen entstehen werden.
Insgesamt umfasst der Bahnhof eine Brutto-Grundfläche von rund 100.000 Quadratmetern mit acht Bahnsteigen und 16 Gleisen. Im chinesischen Hochgeschwindigkeitsnetz, das stetig wächst, bildet er einen wichtigen Knotenpunkt: Es bestehen Bahnverbindungen bis nach Peking im Norden, Hongkong im Süden, Kunming im Westen und Shanghai im Osten. Darüber hinaus ist er Ausgangspunkt einer neuen Strecke, die über Jingdezhen zum touristischen Reiseziel Huangshan führt.
Kennzeichnend für den Entwurf ist die von schlaich bergermann partner (sbp) und gmp geplante dreischiffige Bogentragstruktur. Der Haupteingang auf der westlichen Seite wird durch einen seitlich verkürzten Bogen besonders hervorgehoben. Insgesamt besteht das Dachtragwerk aus 14 Reihen dreifacher Bogenelemente aus Stahl. Der zentrale, große Bogen überspannt 96 Meter, sodass mittig ein großer stützenfreier Raum für die Wartehalle entsteht. Die Bauzeit des Tragwerks konnte wesentlich verkürzt werden, indem die einzelnen Bogenbinder zunächst direkt auf dem Baugelände vorgefertigt und anschließend mithilfe einer Kranbahn in ihre Endposition verbracht wurden.
Am Haupteingang auf der Westseite des Bahnhofs verbindet ein dreigeschossiges, durchgehendes Atrium die Funktionsbereiche auf den verschiedenen Ebenen: die Bahnhofshallen, den Taxistand und die U-Bahn-Stationen. Das Atrium fungiert somit als eine Art „städtisches Wohnzimmer“, das den Bahnhof mit dem angrenzenden Stadtzentrum und dem TOD-Areal verbindet. Auch Gastronomie und Geschäfte sind hier angesiedelt und öffentlich zugänglich.
Der Ostbahnhof Nanchang gilt in der chinesischen Stadtentwicklung als beispielhaftes TOD-Projekt. Für die rund fünf Millionen Einwohner:innen von Nanchang bildet der Bahnhof einen neuen Verkehrsknotenpunkt im Osten der Stadt. Das Ground Traffic Center-Modell (GTC) moderner Flughäfen wurde auf die Infrastruktur des Bahnhofs übertragen, um eine schnelle Zerstreuung der Fahrgastströme in Richtung Stadt zu ermöglichen. Der Bahnhof ist zu Fuß und über den öffentlichen Nahverkehr optimal erreichbar. Der Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz ermöglicht kurze Reisezeiten in andere Großstädte, sodass Beschäftigte der Unternehmen in Bahnhofsnähe auch aus weiter entfernten Städten zum Arbeitsplatz pendeln können.
Das Projekt ist für gmp nach dem Westbahnhof in Tianjin, dem Südbahnhof in Hangzhou und dem Fengtai-Bahnhof in Peking der vierte Fernbahnhof für den Hochgeschwindigkeitsverkehr in China.