Nachruf auf meinen Freund und Weggefährten
von Volkwin Marg
Voller Dankbarkeit verabschiede ich mich von meinem langjährigen Freund und Weggefährten Meinhard von Gerkan. Hinter uns liegen sechs schöpferische Jahrzehnte gemeinsamen Entwerfens und Planens – anfangs in der geteilten Studentenbude, seit 1965 im gemeinsamen Büro in unserer Architektenpartnerschaft. Was als Zwei-Mann-Betrieb und mit einer Anzeige im Hamburger Abendblatt begann: „Architektenzeichnungen fertigen billigst, Tel.: 451026" ist heute zu einem weltweit erfolgreichen Unternehmen geworden.
Ich bin stolz darauf, was Meinhard und ich gemeinsam mit unseren Partnern und Mitarbeitenden in mehr als einem halben Jahrhundert geschaffen haben. Auf unsere Bauten, die in Deutschland und weltweit anerkannt und gewürdigt werden. Wir haben zusammen stets für gute Architektur gekämpft, sehr oft gewonnen und manchmal auch verloren. Dabei hatte sich unsere Arbeitsweise im Laufe unserer mehr als fünfzigjährigen „Berufsehe“ nur unwesentlich geändert. Frei nach General Moltkes Devise ,,Getrennt marschieren, vereint schlagen" haben wir unsere Entwürfe getrennt bearbeitet, in allen grundlegenden Belangen einander aber stets konsultiert. Uns einte die Entwurfsgesinnung, so dass wir inhaltlich und konzeptionell immer nach gemeinsamen Grundsätzen handeln konnten, im stetigen Dialog über den Geist des Ortes, den Nutzungszweck und die Forderung nach sozialer Güte zu menschenwürdiger Architektur. Bis zuletzt verband uns eine begeisternde Zusammenarbeit. Ich werde diesen Austausch mit ihm vermissen.
Uns verbanden darüber hinaus die Erfahrungen unserer Generation: Die Schrecken des Zweiten Weltkrieges, die Folgen des Kalten Krieges, die deutsche Teilung, der Fall der Mauer, der Gewinn der Einheit und der Europäischen Union. Wir hatten das Glück, in Friedenzeiten zu starten, in einer Demokratie zu leben. Städtebaulich wie architektonisch hatten wir die Freiheit, auf unterschiedlichsten Ebenen Antworten auf die Fragen der Umweltgestaltung zu finden. Beide gleichermaßen empfanden wir es als Verpflichtung, unsere Erfahrungen auch außerhalb unseres Büros an die junge Generation weiterzugeben. Das Wirken als Hochschullehrer und die Arbeit der gmp-Stiftung waren uns daher besonders wichtige Anliegen. Meinhards schöpferisches Denken hat insbesondere in der aac Academy for Architectural Culture Fortbestand und wird uns gegenwärtig bleiben.
Meinhard von Gerkan ist im Kreise seiner Familie liebevoll umsorgt gestorben. Als ihn zuletzt die Kraft verließ, wurde sein Abschied für ihn zur Erlösung. Er hat ein wahrhaft erfülltes Leben beschlossen.
Volkwin Marg